Wenn ich in meiner Region über die Dörfer fahre, sehe ich das ein oder andere Plakat: weißes Papier, darauf ein roter, durchgestrichener Kreis und darin Windräder. Solche Plakate findet man in fast jedem Dorf und teilweise auch in den Städten unseres Landkreises Ludwigslust-Parchim. Der Protest gegen Windkraftanlagen ist seit vielen Jahren im Land präsent. Nun folgte auf politischer Bühne der nächste Akt dieses Schauspiels.
Mitte März beschloss der Landtag mit den Stimmen der rot-roten Regierungsfraktionen die Änderung des Landesplanungsgesetzes. Unsere eigens eingebrachten Vorschläge wurden mit Stimmen der Koalition abgelehnt. Das geänderte Landesplanungsgesetz sieht vor, dass bis 2027 1,4 Prozent und bis 2032 2,1 Prozent der Landesfläche mit Windkraftanlagen bebaut sein müssen. Grundlage für dieses Landesgesetz ist ein Bundesgesetz, welches die Ampel-Koalition für den Ausbau der Anlagen zur Nutzung der Windkraft letztes Jahr beschlossen hat. Sich der vorgegebenen Ausführung dieses Gesetzes seitens des Landes lediglich in den Weg zu stellen, wie es die AfD im Landtag getan hat, hätte nur eines gebracht – Bevormundung durch den Bund und eine Eins-zu-eins-Umsetzung des Bundesgesetzes. Auch wir als CDU sehen dieses Bundesgesetz kritisch, lehnen sie Vorgehensweise grundlegend ab, aber es ist auch unsere Aufgabe als Land, dieses Gesetz leider so verträglich wie möglich für den Bürger zu gestalten. Die Ausgestaltung des Bundesrechts liegt dann nämlich in den Händen der Länder. Wir sehen vor allem den Weg, für den sich die Linkskoalition im Land entschieden hat, mit skeptischen Blicken. Durch die Maßnahmen wird die ohnehin schon belastete Bevölkerung noch stärker bedrängt und das dieses Mal in einem ungeheuren Maß, ohne die Obergrenze von 2,1 Prozent einzuhalten, nein bewusst noch höher auszuführen.
Anhand des Regionalen Planungsverbandes Westmecklenburg, zu dem die Landkreise Ludwigslust-Parchim, Nordwestmecklenburg und die kreisfreie Stadt Schwerin zählen, möchte ich diese Belastung skizzieren: Im Verbandsgebiet sind 73 neue Windeignungsgebiete geplant, welche insgesamt 1500 neue Anlagen beinhalten sollen. In unserem Landkreis sollen davon 48 Gebiete ausgewiesen werden. Insgesamt entfallen knapp über Dreiviertel der Gesamtausweisungsfläche des Planungsverbandes Westmecklenburg auf Ludwiglust-Parchim. Diese Zahl muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Unser Landkreis wird überproportional belastet bei der Ausweisung im westmecklenburgischen Planungsverband. Dabei sind es gerade die Dörfer, die die Auswirkungen solcher ungerechter Planungen ausbaden müssen. Der Unmut in der Bevölkerung steigt nicht nur wegen dieser Belastungen.
Wir hatten deshalb als CDU-Fraktion zwei Änderungsanträge in den Landtag eingebracht. Zum einen wollten wir die Zusammensetzung der Planungsverbände neu regeln. In diesen gibt es traditionell eine städtische Übermacht. Der ländliche Raum wird bei vielen Projekten Spielraum für die „Großstädte“ und das kann in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern, welches zum Großteil aus dem ländlichen Umfeld besteht, nicht sein. Linke, Grüne und SPD lehnen stets für den ländlichen Raum verträgliche Lösungen ab, wodurch es zu einer strukturellen Schwächung dieses kommt. Wir wollten daher, dass die Vertreter des ländlichen Raumes in den Planungsverbänden gestärkt werden. Nämlich sollten die Städte weiterhin ihre Bürgermeister als ständige Mitglieder in den jeweiligen Regionalen Planungsverbänden behalten. Alle weiteren zusätzlichen Mitglieder aus den Städten sollten von Vertretern der Landkreise aufgefüllt werden. So würde es aus unserer Sicht zu einer verbesserten Gleichberechtigung zwischen ländlichem Raum und Städten kommen.
Das Thema Gleichberechtigung trieb uns auch beim zweiten Änderungsantrag die Zuteilung der Windeignungsgebiete betreffend an. Wir hatten vorgeschlagen, dass nicht nur die vier Planungsverbände im Land ihre Zahlen erfüllen müssen, sondern dass auch die dazugehörigen Teilregionen in einem Planungsverband die oben genannten Zahlen erfüllen müssen. Dadurch würde man einer ausgewogenen Verteilung der Lasten in allen Regionen erreichen und keine Konzentration auf Teilregionen. Mit der nun geltenden Regelung kommt es eben nicht zu einer Gleichverteilung der Lasten im Land, sondern genau zu dieser Konzentration. In einigen Regionen steigt der Anteil der Nutzungsfläche für Windkraftanlagen auf 3,8 Prozent, während jener in anderen Landesteilen unter den vorgeschriebenen 2,1 Prozent liegen wird. Eine Höchstgrenze der Flächennutzung für einen Landkreis hätte ebenfalls für einen Schutz der Bürger vor neuen Belastungen gesorgt. Außerdem dürfen unserer Ansicht nach nicht nur Gebiete ab einer bestimmten Größe ausgewiesen werden, um so möglichst schnell die Flächenvorgabe zu erreichen, schließlich gibt es vom Bund keine Medaille für das schnellste Erreichen der Vorgaben. Jede Potenzialfläche, egal welcher Größe, und auch solche Gebiete, auf denen Windkraftanlagen bereits stehen, aber schon in die Jahre gekommen und deshalb renovierungsbedürftig sind, müssten bei der Planung berücksichtigt werden. Stattdessen bestimmt das Land weitere Kriterien für die auszuweisenden Flächen, was die Anzahl dieser deutlich reduziert. Vom Bund war lediglich die Ausweisung von Windeignungspotenzialgebieten gefordert, Kriterien sah man nicht vor.
Der Bund ist bei diesem Gesetz aus meiner Sicht aber generell den falschen Weg gegangen. Man hätte das Ziel nicht an der Fläche, sondern an der notwendigen Menge des geplanten Energiebedarfs bis 2035 aus Windkraft festmachen können. Die CDU hatte bereits vor Monaten die Forderung aufgemacht, anstatt neue Gebiete auszuweisen, die Windkraftanlagen auf den bestehenden Nutzungsflächen zu repowern, also so zu erneuern, dass sie mehr Leistung erbringen können. Das gesetzte Ziel hätte man dann bis beispielsweise 2035 allein durch das Repowering der älteren, bestehenden Anlagen, und diese Prognose bestätigte das Leibniz-Institut in Hannover, erreichen können, ohne massiv neue Gebiete ausweisen oder Anlagen errichten zu müssen.
Ich muss aber auch leider akzeptieren, dass das Land zu den jetzigen Schritten durch Bundesgesetz gezwungen war und es diesen Weg gehen musste, um einen Wildwuchs an Windkraftanlagen in ganz Mecklenburg-Vorpommern halbwegs zu verhindern. Dazu kommt es nämlich unweigerlich, wenn ein Land seine Vorgaben nicht erreicht. Dann greift eine Vorrangregelung für Windkraftanlagen im Bundesbaugesetz und führt zu einem unkontrollierten Ausbau solcher Anlagen. Dennoch kann man sich in einem solchen Fall auch entscheiden, wie man die notwendigen Schritte geht. Rot-rot hat sich gegen Bürgerbeteiligung und gegen Gerechtigkeit entschieden. Hauptsache ist scheinbar, den Plan zu erfüllen und sich ein Schulterklopfen des Bundes abzuholen. Es fühlt sich nach Sozialismus an, doch in diesem leben wir nicht mehr!
Wir müssen unsere Bürger wirklich mitnehmen bei solchen Plänen. Die Bevölkerung muss einen Vorteil in Windkraftanlagen sehen. Deshalb würde ich einen Bürgertarif für die Betroffenen einer solchen Anlage für sinnvoll halten. Jener müsste so gestaltet werden, dass die Bürger spürbar entlastet beziehungsweise entschädigt werden. Sollte ein Bürger durch einen solchen Tarif möglicherweise die Hälfte seiner Stromkosten einsparen können, würde die Akzeptanz in der Bevölkerung für einen Ausbau der Windkraftanlagen steigen und gleichzeitig etwas für die nachhaltige Energiegewinnung getan. Das ist unser Weg als CDU. Außerdem kann es doch nicht sein, dass kaum jemand die neuen Windeignungsgebiete kennt. Hier muss Transparenz herrschen oder soll es wirklich so sein, dass man morgens von den Baumaschinen geweckt und dann von den fertigen Windrädern überrascht wird? Das geht nicht und spricht gegen jegliche Art der Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
Erschwerend wirken sich auch folgende Rahmenbedingungen auf die Umsetzung des Ausbaus an Windkraftanlagen aus: Es gibt nicht genügend Speicherkapazitäten, um die gewonnene Energie der Windkraftanlagen zu behalten und dann zu verbrauchen. Ebenfalls ist das Stromnetz für die angepeilten Energiemengen nicht ausgebaut. Es werden riesige Mengen an Energie sein, die transportiert werden müssen. Hierfür bedarf es massive Investitionen in unser Stromnetz und in Speicherkapazitäten. Nur so kann dieses ehrgeizige Projekt auch wirklich erfolgreich abgeschlossen werden.
Außerdem kommt ein heimatlicher Gedanke zum Tragen: Durch unzählige neue Eignungsgebiete reißen wir riesige Lücken in unsere so schöne Landschaft. Gerade Mecklenburg-Vorpommern und unser Landkreis Ludwigslust-Parchim sind voller weiter Landstriche. Äcker, Wiesen und Felder prägen unser Heimatbild und keine 250 Meter hohen Anlagen, die entweder in Vogelzuggebiete gebaut werden oder dazu noch einen pikierenden Ton von sich geben. Wenn ein Land wie Bayern dieses Argument seit Jahrzehnten benutzt, um den Ausbau von Windenergie auf seinem Landesgebiet zu verhindern, warum sind wir dann solche Duckmäuser?
Es geht wohl nur noch um die Zahlen. Wenn es nach den Grünen im Landtag ginge, dann sollten die Vorgaben keine Maxima darstellen, sondern immer einen Mindestanteil beschreiben. „Je mehr, desto besser“, lautet die Devise der Grünen. Aber nicht für uns als CDU! Am Ende geht es um unsere Heimat, unseren Lebensraum und unsere Natur!
Ihr Wolfgang Waldmüller