Der Frühling ist da, die Südbahn fährt. So lautet die Wahrnehmung vieler Menschen, die entlang der einstigen Strecke der Südbahn wohnen. Diese Strecke ist vor allem von Dörfern und kleinen Städten geprägt. Sie führt von Parchim übers Land nach Lübz und von dort aus nach Plau, von wo aus man den Anschluss nach Malchow und Waren (Müritz) hat. Sie stellt also die damalige infrastrukturelle Lebensader des Altkreises Parchim dar und kann als Tor zur Mecklenburgischen Seenplatte angesehen werden. Seit vielen Jahren ist die Strecke Parchim – Malchow gegen jegliche Vernunft abbestellt und seit ein paar Jahren befindet sich die Südbahn nur noch im Saisonbetrieb. Mit den Ostertagen startet dieser und endet mit dem September. Aus meiner Sicht sollte das politische Ziel sein, einen Ganzjahresbetrieb wiederherzustellen.
Seit meiner letzten Behandlung dieses Themas in diesem Format gab es einige Neuerungen: Ende letzten Jahres gab das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern eine Absichtserklärung zur Vorlage einer Potenzialanalyse ab, in welcher die verkehrlichen Potenziale und die damit einhergehenden Ausbaubedarfe der Südbahn geprüft werden sollen. Bei dieser Analyse sollen nicht nur die Potenziale des Personen-, sondern auch des Güterverkehrs berücksichtigt werden. In einem zweiten Schritt wird dann die Wirtschaftlichkeit geprüft, von der ab einem Faktor „eins“ gesprochen werden kann. Laut der Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Ines Jesse ist bei der Darßbahn, für die ebenfalls ein solches zweistufiges Untersuchungsverfahren angestoßen wurde, mit einem Faktor von über zwei zu rechnen, welcher also einem Weiterbetrieb beziehungsweise einer ganzjähriger Befahrung dieser Strecke nicht in die Quere kommt. Für die Südbahn hingegen rechnet man im Wirtschaftsministerium mit einem Faktor unter eins. Die Strecke ist also voraussichtlich nicht wirtschaftlich und erleidet schlimmstenfalls im zweiten Teil der Untersuchung ihren Todesstoß. Das liegt natürlich auch an dem Inhalt der Beauftragung, deren Einsichtnahme uns verwehrt wird. Es kann ja auch nur das untersucht werden, was beauftragt wird und somit ein gewünschtes Ergebnis erzielt werden.
Das Bild des Wirtschaftsministeriums unseres Landes wird damit nämlich wohl bestätigt werden und man hat ein neues Argument in der Hand, um allerhöchstens noch einen saisonalen Betrieb zu rechtfertigen, wobei die Nutzungszahlen in den letzten Jahren schrittweise immer wieder angestiegen sind. Im Brandenburgischen Wirtschaftsministerium würde man sich über eine Reaktivierung der Ost-West-Verbindung im südlichen Mecklenburg freuen. Vom Karower Kreuz, an welchem die Ost-West-Verbindung eine Nord-Süd-Verbindung zwischen Güstrow und Neustadt (Dosse) schneidet, könnten brandenburgische Pendler problemlos in Richtung Westmecklenburg oder Hamburg aufbrechen, und das alles ohne Auto. Ohne eine energische Initiative der Brandenburger und unserer Landes-CDU wäre eine solche Potenzialanalyse vermutlich nie in Auftrag gegeben worden.
Der brandenburgische Verkehrsminister empfand es bedauerlich, dass so viele Jahre ins Land gegangen sind, bis die beiden Länder sich endlich auf eine gemeinsame Absichtserklärung einigen konnten. Während in Brandenburg klar der Wille zur Absicherung der Bahnstrecken und die Überzeugung eines großen Potenzials dieser verlautbart wird, ist in Mecklenburg-Vorpommern die Stimmung gedämpft. Wie bereits Reinhard Meyers Vorgänger Christian Pegel als Verkehrsminister die Abbestellung und die Einstellung groß angelegter Sanierungsmaßnahmen durchsetzte und damit das vorübergehende Aus für die Südbahn besiegelte, so hat auch der jetzige Amtsinhaber kein Interesse daran, dieser Strecke zu altem Glanz zu verhelfen. Aber scheinbar fehlt es grundsätzlich in der SPD, auch auf Kreisebene an einem ehrlichen Interesse daran.
Ich war erst letztens am Bahnhof in Lübz, an dem die Bürgerinitiative „Pro Schiene“ erneut eine Kundgebung zum Erhalt der Südbahn abhielt. Ich kam mit einigen Menschen ins Gespräch und merkte sofort, dass der Wille nach weiterem Engagement und vor allem das Feuer der Ideen noch vorhanden sind. Diese Gefühle muss man aufgreifen und sich aktiv für eine Stärkung des ländlichen Raumes einsetzen. Nicht nur mit Worten, sondern vor allem durch Taten. Für mich ist es ganz klar, dass der unermüdliche Einsatz für die Südbahn nicht ohne Erfolg bleiben kann und wenn es nach mir und meiner Partei geht, auch nicht bleiben wird.
Eine ganzjährige Reaktivierung der Südbahn-Strecke würde aus meiner Sicht eine massive Stärkung des ländlichen Raumes bedeuten, ein Angebot für die heimische Bevölkerung bedeuten und vor allem würde es diesen viel attraktiver machen. Gerade für junge Menschen, die aufgrund ihres Alters noch kein Auto fahren dürfen, wäre die Südbahn eine Möglichkeit zu mehr Freizügigkeit und Unabhängigkeit. Außerdem muss man nicht Stunden auf den nächsten Bus warten, sondern steigt in die Bahn ein und fährt, gegebenenfalls in Kooperation mit dem Rufbussystem des Landkreises, zu seinem Wunschziel. Dies gilt auch für ältere Menschen, die eigentlich auf einem abgelegenen Dorf leben, welches nur teilweise durch den Busverkehr abgedeckt ist, durch welches aber die Südbahn führt. Auch sie haben so die Möglichkeit, sich auch im Alter und ohne Auto frei bewegen und selbstbestimmt Erledigungen oder Ausflüge machen zu können.
Wir brauchen nicht noch mehr vielfach vom Staat geförderte Sparangebote im Sektor des Öffentlichen Personennahverkehrs, denn wer soll diese Angebote wahrnehmen, wenn es keine Verfügbarkeit eines passenden Busses oder einer passenden Bahn gibt? Sollten mehr und bessere Verbindungen den Bürgern zur Verfügung stehen, würden sich die neuen Angebote leisten. Es bedarf aber erst einmal großer Investitionen im Verkehrsbereich, um flächendeckend eine Versorgung mit den Möglichkeiten des ÖPNVs zu gewährleisten. Ein Ausbau des Bahnstreckennetzes würde uns auch auf dem Weg zur Klimaneutralität einen immensen Schub verschaffen, denn so ist es möglich, dass Menschen auf die klimafreundlichere Alternative „Bahn“ umsteigen und ihr Auto vielleicht stehen lassen würden. Soll es zu einem strukturellen Wandel hin zu mehr Klimafreundlichkeit geben, dürfen Investitionen in diesen Bereich nicht unter den Tisch fallen.
Aber es geht auch darum, dass unsere Region nicht den Anschluss an andere Landesteile verliert. Gerade im Tourismussektor macht die infrastrukturelle Anbindung der jeweiligen Region einen bedeutenden Unterschied aus. Reisende wählen immer häufiger die Bahn und wollen dann auch am eigentlichen Urlaubsort diese oder andere Angebote des ÖPNVs nutzen. Wenn beispielsweise nun lediglich die Darßbahn ertüchtigt werden sollte, ist das ein herber Rückschlag für unsere Tourismusregion. Schon allein aus diesem Grund müsste sich der Landrat viel stärker für eine umfassende Modernisierung der Südbahn einsetzen. Außerdem appelliere ich an das Land, bei seiner Mobilitätsoffensive, welche seit diesem Jahr volle Fahrt aufnehmen soll, alle Landesteile zu beachten und am Ende auch gleich zu behandeln. Es darf nicht passieren, dass einige Regionen flächendeckend ertüchtigt werden, während in anderen Teilen unseres Landes die Bahnhöfe zerfallen und die Schienen verrosten.
Bei der anstehenden Potenzialanalyse ist es abschließend aus meiner Sicht zwingend notwendig, nicht nur die Kapazitätssteigerungen durch mehr Touristen ins Auge zu fassen, sondern gleichwohl muss ein Zuwachs an Zahlen im Pendlerbereich und auch im Güterbereich einberechnet werden. Leider ist es nicht möglich, Einsicht in die Bewertungskriterien der Analyse zu bekommen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet still und heimlich mit der zuständigen Agentur in der landespolitischen Hinterkammer an der Potenzialanalyse. Mehr Transparenz wäre an dieser Stelle zwingend notwendig, um an die Bürger das Signal einer ernsthaften und offenen Beschäftigung mit ihren Problemen zu senden.
Ich drücke wirklich die Daumen, dass der Abschluss der Potenzialanalyse der Auftakt für ein erfolgreiches Comeback der Südbahn, der Lebensader des östlichen Landkreises Ludwigslust-Parchim sein wird und nicht ihr Ende. Leider sehe ich nur schwierig einen klaren politischen Willen bei den Entscheidungsträgern. Mit einer starken Stimme des ländlichen Raumes kann aber der politische Kampf für eine Stärkung und höhere Attraktivität dieses so schönen, lebens- und liebenswerten Teil unseres Landes am Laufen gehalten werden. Die CDU und ich persönlich tragen unser Bestes zu dieser Kraftanstrengung bei.
Ihr Wolfgang Waldmüller