Hintergründe, Gedanken, Positionen: Das Aus der Wasserstoff-Pipeline als weitere Etappe im Niedergang der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern

Ende des Sommers diesenJahres ereilte die Wirtschaft und auch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern eine erschütternde Nachricht: Der Pipelinebetreiber Ontras reichte den Antrag zum Bau von Wasserstoffpipelines beim zuständigen Bundeswirtschaftsministerium ein und dabei fiel auf: Angekündigte Leitungsstrecken durch ganz Mecklenburg-Vorpommern waren nicht mehr Teil des Plans. Scheinbar wusste nicht einmal der Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer etwas von diesen Plänen und zeigte sich sichtlich verblüfft und verärgert.

Der Beginn der gesamten Planungen lag kurz nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, als das Projekt „Nordstream2“, welches für den Standort Lubmin eine wichtige Rolle vorsah, gestoppt wurde. Nachdem diese Aufgabe für den Standort nicht mehr relevant war, wurde Lubmin auserkoren, als Landungsstelle für grünen Wasserstoff zu fungieren, um so ganz Deutschland mit diesem neuen, klimafreundlichen Rohstoff zu versorgen. Nach dem Wunsch der Landesregierung sollte unser Land bei der zukünftigen Wasserstoffversorgung Deutschlands einen wichtigen Part übernehmen. Im November 2023 verbreiteten sowohl der Landeswirtschaftsminister Meyer als auch die Staatssekretärin Jesse eine Vision davon, dass Mecklenburg-Vorpommern eine große Rolle in der Wasserstoffversorgung spielen wird. Verschiedene Unternehmen nicht nur aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch überregional wurden bereits in die Pläne einbezogen. Land und Bund stellten insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro für den Ausbau neuer Pipelines und Produktionsstätten zur Verfügung. Diese Prophezeiungen sind nun verpufft.

Laut dem Wirtschaftsministerium gab es außerdem ein sehr ernstes Interesse aus Norwegen und Schweden, Ostseehäfen in Mecklenburg-Vorpommern als Verteilungsstätten für Wasserstoff nach ganz Deutschland auszubauen und dabei finanziell zu fördern. Doch nicht nur europäische Kooperationen standen mit diesem Projekt eines Wasserstoffstandortes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung, sondern vor allem inländische und regionale Anreize für Unternehmen zur Ansiedlung. Es sollten insgesamt vier Wasserstoffleitungen durch unser Land verlegt werden. In Bezug auf meinen Wahlkreis rund um die Region zwischen Plau und Parchim stechen vor allem die Leitungen von Rostock nach Pritzwalk und von Lübz nach Hamburg hervor. Es mag vielleicht illusorisch klingen, dass lediglich durch das Verlaufen einer Pipeline eine Region aufgewertet werden würde, aber dies hätte zahlreiche Nebeneffekte besessen. Es wäre möglich, entlang der Strecke Unternehmen, welche Wasserstoff zur Produktion oder zur Entwicklung von neuen Produkten benötigen, anzusiedeln. Das könnte für die betroffenen Kommunen Mehreinnahmen durch die Gewerbesteuer, die Schaffung von Arbeitsplätzen oder aber einen Sogeffekt auf andere Betriebe bedeuten.

Die eher wirtschaftsschwachen und zum Teil abgehängten Gebiete erhofften sich nicht allzu selten einen äußerst positiven Effekt durch den Bau von Wasserstoffpipelines. Außerdem wäre es dadurch möglich, die großen Ballungsräume unseres Bundeslandes ideal mit Wasserstoff zu versorgen und so einen wirtschaftlichen und industriellen Aufschwung für eben diese Regionen zu erzeugen. Deshalb hielt ich die Ambitionen des Wirtschaftsministeriums in Schwerin für äußerst nachvollziehbar und positiv. Zudem ist Wasserstoff keine Zukunftsmusik mehr, sondern pure Realität, wie auch die Hochschule in Stralsund kürzlich feststellte. Es darf nicht noch mehr Zeit vergehen, bis auch in Mecklenburg-Vorpommern die Vorbereitungen auf die neue industrielle Nutzung von Wasserstoff volle Fahrt aufnehmen. Die Ertüchtigung alter Gasleitungen beziehungsweise die Verlegung neuer Pipelines vor allem flächendeckend durch unser Bundesland wäre ein enormer Schritt in die Zukunft gewesen.

Das Unternehmen Ontras stellte diese Pläne Anfang des Jahres bereits vor und versicherte abermals die starke Bedeutung bei deren Ausbauvorhaben für Wasserstoffleitungen. Auf Grundlage dieser Vorstellungen erhielt eben auch dieses Unternehmen einen Fördermittelbescheid des Bundeswirtschaftsministeriums und wurde mit dem entsprechenden Auftrag ausgestattet. Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte im gleichen Atemzug ein Wasserstoffleitungsgesetz vor, welches die Versorgung Deutschlands und vor allem der Industriezentren in Sachsen und Brandenburg mit grünem Wasserstoff regeln sollte. Dabei fiel ein großer Teil der Verantwortung auf Mecklenburg-Vorpommern, was ich nur befürworten und gutheißen kann.

Vor einem guten Monat nun aber der Knall: Ontras, der Pipelinebetreiber, stoppte die Investitionspläne in die ganz Mecklenburg-Vorpommern umfassenden Wasserstoffleitungen und schockte so nicht nur die Wirtschaft, welche sich bereits auf den Bau neuer Leitungen eingestellt hatte, sondern vor allem das Schweriner Wirtschaftsministerium. Diesen Umstand halte ich für sehr befremdlich, da ich doch davon ausgegangen bin, dass sich die Bundesnetzagentur und das Ministerium in einem stetigen und engen Austausch befunden hätten, durch welche derartigen Pläne bereits früher an die Öffentlichkeit hätten kommen müssen. Der Betreiber Ontras begründet nun seine Entscheidung damit, dass einerseits die Ertüchtigung der alten, bereits in der Region vorhandenen Pipelines zu teuer sei und andererseits der Weg von Rostock über Lubmin und dann südwärts Richtung Berlin effizienter wäre. Allerdings stellt diese Route einmal einen riesigen Umweg von Rostock nach Berlin dar und zweitens sprechen wir hier nur von einer Nord-Süd-Verbindung und nicht von vier Leitungen, welche jeweils zweimal von Ost nach West und erneut zweimal von Nord nach Süd verlaufen wären. So würde die deutschlandweit größte Lücke im Wasserstoffversorgungsnetz entstehen und das gerade in unserem Bundesland, welches genau solche Anreize für Unternehmen dringend bräuchte. Ebenso besteht in Kraak eine geeignete große Speicherstätte für Gas, welche künftig auch Wasserstoff speichern könnte. Ausgerechnet in einem Gebiet, wo über die Maßen hinaus Wind- und Solarenergieanlagen ausgebaut werden, gibt es künftig keine direkten Abnehmer. Damit ist aus meiner Sicht die maßlose Planung für den Windausbau obsolet.

Von einer flächendeckenden Versorgung mit Wasserstoff in ganz Mecklenburg-Vorpommern kann also kaum gesprochen werden. Eine Stärkung der Industrie und der schwachen Regionen im Süden unseres Bundeslandes bliebe aus. Investitionen würden nicht getätigt werden, Arbeitsplätze könnten nicht geschaffen werden und die Entstehung einer neuen industriellen Lebensader in unserem Landkreis scheint unmöglich. Unsere Region würde erneut in ein Hintertreffen bei Zukunftsthemen geraten und so den Übergang in ein neues Zeitalter industrieller Versorgung verpassen.

Mit der nun getroffenen Entscheidung der Bundesnetzagentur erleidet unsere Region einen erheblichen Schlag. Die angekündigten Strecken durch Lübz und die Region rund um den Plauer See wird es nicht geben. Die Landesregierung muss nun ihren Worten treu bleiben und sich für einen flächendeckenden Bau von neuen Pipelines in ganz Mecklenburg-Vorpommern einsetzen. Außerdem stellt sich die Frage, ob es weiterhin sinnvoll ist, den raschen Ausbau von Windkraft- und Solarenergieanlagen zu forcieren, obwohl die Leitungen und Speicherkapazitäten scheinbar gar nicht ausreichen. Es ist dringend geboten, dass das Land auch in Zukunft den Druck sowohl auf die Bundesnetzagentur als auch auf den Betreiber Ontras aufrechterhält, um den Investitionsstopp und die Vernachlässigung einer lebenswerten Region im Herzen Mecklenburgs zu verhindern und unser Bundesland nicht zu einem blinden Fleck auf der Wasserstoffkarte werden zu lassen. Ich ermutige ebenfalls die betroffenen Kommunen, sich beim Wirtschaftsministerium stark für ein engagiertes und energisches Auftreten gegenüber der Agentur und dem Betreiber zu machen. Meine Unterstützung ist ihnen sicher! Ich werde auf keinen Fall diese Region aus dem Blick verlieren und mich mit voller Kraft für die Berücksichtigung der Region Plau-Lübz-Parchim bei der zukünftigen Versorgung mit grünem Wasserstoff, dem zukünftigen Rohstoff der Industrie, einsetzen.

Ihr Wolfgang Waldmüller

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