Schon in mehreren Beiträgen habe ich das Thema der Südbahn behandelt, so nun auch in diesem. Dafür gibt es nämlich einen sehr guten Grund: Die Potenzialanalyse zur Südbahn wurde in Güstrow durch die Verkehrsminister von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vorgestellt. Die Hauptbotschaft der Akteure war klar: Sowohl der Betrieb der Strecke mit 80 als auch 160 Kilometern pro Stunde kann wirtschaftlich positiv gestaltet werden. Dabei spielt allen voran das Karower Kreuz als Knotenpunkt eine zentrale Rolle und deren Ertüchtigung muss daher forciert werden.
Die nun nicht mehr so kurze Vorgeschichte der Potenzialanalyse glich einem Abenteuer, welches immer wieder neue Überraschungen bereithielt. Vor knapp eineinhalb Jahren wurde vom Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern die Absicht erklärt, eine Potenzialanalyse zu zwei Bahnstrecken in unserem Land, der „Darßbahn“ und der „Südbahn“ in Auftrag zu geben. Die Ergebnisse für Zweitere, welche Aufschluss über die verkehrlichen Potenziale und die damit einhergehenden Ausbaubedarfe gibt, wurden bis diese Woche nicht durch das Land präsentiert. In Brandenburg hingegen schien man das Ergebnis der Untersuchung bereits seit Frühlingsanfang gekannt zu haben, da sich der dortige Verkehrsminister schon bezugnehmend auf die Analyse geäußert hatte. Ich empfand es als äußerst fragwürdig, weshalb die Landesregierung bei der Veröffentlichung der Potenzialanalyse so viel kostbare Zeit verstreichen ließ. War mangelndes Interesse der Grund oder doch fehlender Mut für die nötigen Investitionen. Diese Spekulationen sind jetzt überfällig, denn das Ergebnis steht und damit lässt sich sehr gut arbeiten.
Im September diesen Jahres soll es zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung der hiesigen und brandenburgischen Landesregierung kommen, auf der die weitere Weichenstellungen besprochen werden. Wenn es nach den betroffenen Landkreisen gehen würde, sollte die Strecke für 160 Kilometer pro Stunde elektrifiziert und damit deutlich aufgewertet werden. Nicht zuletzt die Initiative der CDU im Landkreis Ludwigslust-Parchim hat hier eine entscheidende Rolle gespielt. Im Juli wurde im Kreistag ein Antrag von CDU und ZLP eingebracht, welcher den Landrat explizit auffordert, in Abstimmung mit den kreiseigenen Verkehrsbetrieben und Kommunen verkehrstechnische Planungen voranzutreiben sowie auf Landesebene darauf hinzuwirken, dass das Gutachten seitens des Wirtschaftsministeriums so schnell wie möglich präsentiert wird. Außerdem sollte Herr Sternberg seinen guten Draht in die Landesregierung nutzen, um auf die Beantragung und Bereitstellung von Investitionsmittel für die Instandsetzung der Südbahnstrecke zu drängen und das Land aufzufordern, gegenüber dem Bund zusätzliche Regionalisierungsmittel für die Umsetzung des Konzeptes Karower Kreuz 365+ einzuwerben. Diesem von der CDU maßgeblich bestimmten Antrag stimmten schließlich alle Fraktionen zu, sodass der Landrat mit einem einstimmig gefassten Beschluss des Kreistages agieren konnte, anscheinend mit äußerst großem Erfolg.
Für die Frage, wie die Strecke nun ertüchtigt werden soll, müssen aus meiner Sicht zwei Punkte bestimmend sein: Erstens muss bei der Wahl der Geschwindigkeit darauf geachtet werden, dass die Umstiege an den entsprechenden Knotenpunkten erreichbar und damit realisierbar sind. Dies wäre laut Angaben des Streckenplaners bei 160 Kilometern pro Stunde ziemlich sicher der Fall. Zweitens muss dadurch ein Lenkungseffekt auf die Leute, die bislang den Individualverkehr mangels öffentlicher Verkehrsmittel benutzen, entstehen. Von dieser Sichtweise aus wäre also die Variante der 160 Kilometer pro Stunde zu favorisieren. Hierbei sind Investitionen auch von Seiten des Bundes unerlässlich. Der Ausbau des Schienennetzes kann nämlich auch für andere, übergeordnete größere Ziele gewinnbringend sein. Jener würde uns auf dem Weg zur Klimaneutralität einen immensen Schub verschaffen, denn möglicherweise würden Menschen auf die klimafreundlichere Alternative „Bahn“ umsteigen und ihr Auto vielleicht stehen lassen. Zudem geht es bei dieser Frage auch darum, ob der ländliche Raum in der Breite gestärkt oder gegeneinander ausgespielt werden soll. Es darf nicht passieren, dass einige Regionen flächendeckend ertüchtigt werden, während in anderen Teilen unseres Landes die Bahnhöfe zerfallen und die Schienen verrosten.
Und natürlich hat die Strecke auch für die Region selbst unzählige Vorteile: Der Tourismus, gerade mit Fahrrädern, steigt in der Region stetig und durch ein verlässliches Angebot des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) würde die Region zwischen Parchim und Plau an Attraktivität zugewinnen. Aber auch für die alltägliche Mobilität der Bürger könnte eine ganzjährige Reaktivierung der Strecke und des Karower Kreuzes als Knotenpunkt Vorteile bringen. Unabhängig von diesem Personenverkehr könnte die Südbahn auch die Wirtschaft im östlichen Landkreis Ludwigslust-Parchim ankurbeln und gewisse Pullfaktoren, die förderlich zur Ansiedlung von Unternehmen sind, mit sich bringen. In vielen Städten dieser Region werden neue Gewerbegebiete geplant oder befinden sich in der Finalisierung. Im neu entstehenden Gewerbegebiet der Stadt Lübz beispielsweise möchten sich auch Unternehmen ansiedeln, die ganz konkret die Strecke für den Weitertransport ihrer Güter auf der Schiene nutzen würden. Mit der Ertüchtigung des Karower Kreuzes im Osten des Landkreises beziehungsweise den Verbindungen im Westen stehen die Tore nach Berlin und Rostock beziehungsweise nach Hamburg, und darüber in die gesamte Bundesrepublik offen, für Menschen wie auch Wirtschaftsgüter.
Seit Jahren bin ich häufiger vor Ort, wenn beispielsweise die Bürgerinitiative „Pro Schiene“ Kundgebungen abhält. Mich beeindruckt bis heute der unbedingte Wille der Engagierten, diese ehemalige Schlagader der Region wieder zum Leben zu erwecken. Vor allem vom erarbeiteten Konzept „Karower Kreuz 365+“ durfte ich mich einige Male bereits äußerst positiv überzeugen. Dem Karower Kreuz kommt nicht nur in diesem Konzept, sondern auch in Hinblick auf die Umsetzung einer Verkehrswende in unserer Region eine Schlüsselrolle zu. Von dort aus kann einer der größten weißen Flecke Deutschlands, was die Anbindung mit der Bahn angeht, gefärbt werden. Fünf Landkreise, zahlreiche Kommunen und unzählige Menschen würden davon profitieren. Die in Güstrow vorgestellten Pläne sind der Lohn für die jahrelange Interessensarbeit der Engagierten. Nun müssen Taten folgen und Entscheidungen getroffen werden, die sowohl langfristig als auch nachhaltig die Region zwischen Parchim und Plau am See vorantreibt. Dieser wunderschöne ländliche Raum hat es verdient, noch lebenswerter zu werden und einen Teil des Kuchens „Fortschritt“ abzubekommen.
Soll es zu einem strukturellen Wandel hin zu mehr Klimafreundlichkeit kommen, dürfen Investitionen in diesen Bereich nicht unter den Tisch fallen. Die Ertüchtigung des Karower Kreuzes und die damit einhergehende Reaktivierung der Südbahn würde unzählige Vorteile bringen: Mehr Mobilität für die Menschen im ländlichen Raum, einen Attraktivitätsgewinn der Region für Unternehmen und die Verbesserung der Voraussetzungen für eine Tourismusregion. Der unermüdliche Einsatz für die Südbahn kann nicht ohne Erfolg bleiben und wenn es nach mir geht, wird jener auch seiner Mühe wert sein. Das bekräftige ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich!
Ihr Wolfgang Waldmüller