Die Präsidentschaft des neuen alten US-Präsidenten Donald Trump überquerte letzte Woche die berüchtigte 100-Tage-Marke, nach welcher man ein erstes Resümee einer Amtszeit ziehen kann. Aus deutscher Sicht bleiben vor allem zwei Themen nachhaltig im Kopf, welche uns wohl noch eine ganze Weile beschäftigen werden. Einerseits forderte Trump wie bereits in seiner ersten Amtszeit einen Zuwachs der europäischen Beteiligungen innerhalb der NATO, finanziell, strukturell und personell. Immerhin ist von amerikanischer Seite momentan nicht mehr die Rede von der Drohung, bei einem zurückhaltenden Kurs der Europäer aus der NATO auszutreten. Das zweite Thema soll auch diesen Beitrag bestimmen: Wie bereits vor acht Jahren arbeitet der US-Präsident in der internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik vor allem mit Strafzöllen jeglicher Art.
Donald Trump ist erst der zweite US-Präsident, der zwei Amtszeiten mit einer kurzen Unterbrechung hat. Seine erste, welche von 2017 bis 2021 andauerte, dürfte jedem noch vor Augen sein. Die US-Politik wurde in den sozialen Medien, vor allem über Twitter, gemacht, Minister kamen und gingen und jahrzehntelange, ja vielleicht sogar Jahrhunderte alte Linien der US-Politik wurden verworfen. Diesen Eindruck erweckt Donald Trump mitsamt seinem Team nun nicht mehr ganz so stark. Es wirkt alles professioneller, strukturierter und zielgerichteter. Diese zielgerichtete Politik gab es auch bereits in der ersten Amtszeit, nämlich in der Handels- und Zollpolitik, welche damals so weit führte, dass von einem Handelskrieg zwischen den USA und der Volksrepublik China gesprochen wurde. Die Europäische Union reagierte damals unter der Führung von Jean-Claude Juncker mit mäßig bedeutsamen Gegenzöllen und Einfuhrverboten bestimmter US-Produkte. Heute gestaltet sich die Situation ein wenig anders.
Anfang April präsentierte das Weiße Haus eine Liste mit unterschiedlichen Staaten der Welt und den auf diese anfallenden Importzölle. Als Grund für die Festlegung teils horrend hoher Zölle gab Trump an, dass viele Länder die USA ungerecht behandeln würden und ihre negativ ausfallenden Handelsbilanzen nicht ernsthaft ausgleichen wollten. In einer Handelsbilanz werden die Gesamtwerte der Ex- und Importe einer Nation gegengerechnet. Eine solche kann auch zwischen zwei handelnden Nationen ausgestellt werden. Daran lässt sich vage ableiten, welcher von beiden Akteuren an dem gegenseitigen Handel einen größeren Nutzen zieht. Nach Ansicht des US-Präsidenten würden sich fast alle Staaten am Geschäft mit den Vereinigten Staaten bereichern und dadurch die US-amerikanische Wirtschaft schwächen, Arbeitsplätze gefährden und den USA Einnahmen verwehren. Um dieses Ungleichgewicht wieder herzustellen, führte Trump Zölle auf US-Produkte ein, welche auf eine äußerst umständliche und schwer zu beschreibende Weise berechnet wurden, sodass US-Unternehmen gestärkt würden.
In Bezug auf die europäischen Staaten verhing Trump ebenfalls Strafzölle, die geringsten dabei noch auf Großbritannien. Die EU-Kommission arbeitete bereits Tage vorher im Strenggeheimen Pläne für Gegenmaßnahmen aus, welche dann als Reaktion auf die US-amerikanischen Zölle in Kraft treten sollen. Gleichzeitig signalisierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass die EU verhandlungsbereit mit den USA sei. Das gesamte Vorgehen der EU-Kommission hielt ich für äußerst durchdacht, gesichtswahrend und klug. Donald Trump ist ein knallharter Händler, der niemandem irgendetwas ohne Gegenleistung schenkt. Mit dem Entgegenkommen der EU bezüglich der abzukaufenden Gütermengen aus den USA konnte Trump einen Erfolg auf internationaler Bühne im Inland präsentieren und honorierte dies damit, dass die Zölle für 90 Tage ausgesetzt wurden, sodass weitere Verhandlungen stattfinden können. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten vor rasanten Preissteigerungen und Lieferengpässen bewahrt sowie der Wirtschaft eine gewisse Planungssicherheit gegeben.
Wenn auch die plötzliche Erhebung von Strafzöllen für uns in der EU bisher wenig direkte Auswirkungen gehabt hat, dürfte diese uns auch in näherer Zukunft treffen. Grund dafür ist, dass zwischen den USA und China erneut ein Handelskrieg ausgebrochen ist, dieses Mal jedoch in einer anderen Dimension als vor rund acht Jahren. Die beiden Staaten belegten sich mit immer höheren Zöllen, sodass Trump nun 145 % Zoll auf chinesische Produkte, unabhängig von deren Qualität, fordert und diese möglicherweise auch verhängen wird. Von chinesischer Seite gibt es keine Anzeichen auf ein Einlenken oder Einknicken. Dieses Pokerspiel der beiden wirtschaftsstärksten Nationen der Welt birgt unglaublich große Gefahren, auch für uns in Deutschland.
Erste Vorboten für diese konnte man kurz nach der Eskalation des Zollstreits erleben. Die Aktienmärkte brachen zusammen, die Welt stand am Rande einer erneuten Weltwirtschaftskrise. Auch den Trump-Unterstützern, Musk, Bezos und Co., wurden diese Unregelmäßigkeiten zu groß, sodass es scheinbar hinter den Kulissen auch einiges an hitziger Stimmung gegeben haben dürfte und so Trump Zeichen der Beschwichtigung setzte. Vorher gab er noch eine Empfehlung aus, Anleihen nun zu den günstigen Kursen noch zu kaufen, bevor sie kurz darauf wieder anstiegen und ungefähr ihr normales Niveau erreichten. Diese Handlung brachte ihm massive Kritik ein und zog auch Ermittlungen bezüglich der Marktmanipulation nach sich. Dass eine Person nicht nur die Macht zu solchen Entscheidungen, sondern auch keinerlei Skrupel vor diesen besitzt, besorgt mich durchaus zutiefst.
Die USA verlieren zusehends ihren Ruf als verlässlicher, ehrlicher und unterstützender Partner. Donald Trumps Wirtschafts- und Handelspolitik schadet nicht nur der Weltwirtschaft, und damit im Gegenzug auch den USA selbst. Auch die Menschen, welche Trump als Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung und soziale Verbesserungen gewählt haben, werden enttäuscht. Die Lebenshaltungskosten steigen enorm, was sich vor allem auf die stärksten Unterstützer Trumps negativ auswirkt. Ich hoffe inständig, dass man sich auf der anderen Seite des Atlantiks seiner Verantwortung gegenüber den eigenen Bürgern aber auch anderen Staaten, langjährigen Partnern, bewusst wird. In unserer heutigen Welt kann niemand mehr alleine bestehen, sondern es bedarf verlässlicher Partner und auch Freunde, sofern man davon sprechen kann.
Die neue Bundesregierung steht nun vor einigen großen Herausforderungen, was die transatlantischen Beziehungen angeht. Dafür gibt es aus meiner Sicht eine gute Truppe, welche auch auf den unterschiedlichsten Ebenen mit den US-Amerikanern zusammenarbeiten können. Ich würde es als sehr ratsam erachten, wenn man von Seiten Deutschlands den Vorschlag der EU-Kommission unterstützen würde, eine Freihandelszone zwischen den USA und Europa auf Industriegüter zu errichten. Dies wäre ein guter Schutz nicht nur US-amerikanischer, sondern auch für europäische Unternehmern wie aber auch die Verbraucher. Ich habe ein gutes Gefühl, dass die neue Bundesregierung und gerade die Vertreter der Union hier einen guten Weg finden werden, um diese Herausforderungen zu meistern. Wie bereits im letzten Beitrag thematisiert, bedarf es auch in diesen Situationen Mut und dieser wird, denke und hoffe ich auch, mit der neuen Bundesregierung aufgebracht.
Ihr Wolfgang Waldmüller