Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), war auf dem 19. Arbeitsmarktfrühstück der Regionaldirektion Nord der BA zu Gast. Dort unterbreitete sie Vorschläge zur Fachkräftesicherung. Der Wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Waldmüller, erklärt im Nachgang:
„Die Vorschläge von Frau Nahles sind plausibel und relativ leicht umsetzbar. Ich rate der Landesregierung, sich diese Vorschläge schnellstens zu eigen zu machen. Wir verlieren in Mecklenburg-Vorpommern viel zu viel Zeit mit weitschweifigem Problematisieren, statt wie andere Bundesländer uns praktikablen Lösungen zu widmen. Das Land will bis Oktober 2023 ein eigenes Fachkräftesicherungskonzept vorstellen. Das ist viel zu spät und den Aufwand könnte man sich angesichts der gemachten Vorschläge sparen.
Frau Nahles sieht das größte und am schnellsten zu hebende Potenzial demnach bei Frauen, die im europäischen Vergleich sehr häufig in Teilzeit arbeiten. Dabei würden viele Frau gern länger arbeiten. Dem stehen oft unflexible Arbeitszeiten entgegen. Daher sollte schnellstens auf Frauen in den Belegschaften zugegangen und flexiblere Arbeitszeitmodelle angeboten werden. Falls Unternehmen dabei Unterstützung brauchen, könnte das Land seine Hilfe anbieten.
Auch die Berufsorientierung junger Menschen muss besser gefördert werden – vor allem nach der Corona-Pandemie liegt hier einiges im Argen. Unternehmen sollten das Jahr 2023 zum Praktikumsjahr machen, damit fehlender Kontakt der Schülerinnen und Schüler zur Arbeitswelt, erschwert durch die Coronajahre, schnellstens ausgeglichen werden kann. Im Übrigen findet die Berufsberatung sehr oft durch die Eltern statt, daher müssen – neben den Schülerinnen und Schüler – die Eltern viel stärker in den Mittelpunkt der Berufsorientierung gerückt werden. Auch an der Stelle könnte das Land helfen.
Und auch ältere Menschen können dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu mindern. Viele könnten sich vorstellen, länger zu arbeiten, sofern es die Gesundheit zulässt – und sei es in Teilzeit. Auch hier ist Flexibilität entscheidend. Das Arbeitsumfeld muss sich den Lebensumständen anpassen, hierbei kann die Landesregierung die Unternehmen unterstützen. Zu guter Letzt bieten Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) die Möglichkeit, Tätigkeiten weniger arbeitsintensiv zu gestalten. Auch das würde helfen, den Fachkräftemangel zu lindern.
Interessant fand ich übrigens die Feststellung, dass die Migrationsdebatte nicht verkürzt geführt werden dürfe. Mit Blick auf die aktuell sehr hohen Flüchtlingszahlen wies Frau Nahles darauf hin, dass keine Fachkräfte kämen, sondern Menschen. Flüchtlinge bringen nur selten die erforderlichen Kenntnisse mit, die für einen gut bezahlten Beruf notwendig sind. Das größte Hemmnis ist dabei die deutsche Sprache – selbst mit intensiven Sprachkursen braucht es ein sehr hohes Maß an Eigenmotivation und Frustrationstoleranz, die deutsche Sprache so weit zu erlernen, dass es für den deutschen Arbeitsmarkt bzw. eine Berufsausbildung oder gar ein Studium genügt. Dieser Umstand wird allzu oft ausgeblendet, er spiegelt sich im Ergebnis aber in der Arbeitsmarktstatistik eindeutig wider.
Ohne Zuwanderinnen und Zuwanderer, die nach Deutschland kommen um hier zu arbeiten und die auch die entsprechende Qualifikation mitbringen, wird es in Zukunft allerdings nicht gehen. Dieses Thema muss aber streng getrennt werden von der aktuellen Debatte um die notwendige Begrenzung der steigenden Flüchtlingszahlen.“