Hintergründe, Gedanken, Positionen: „15 € zum Ersten, 15 € zum Zweiten – Wer bietet mehr Mindestlohn?“

Im Laufe der vergangenen Wochen sickerten Meldungen durch, dass sowohl auf Seiten der SPD als auch auf denen der Grünen Überlegungen getätigt worden seien, die eine drastische Erhöhung des Mindestlohns zur Folge gehabt hätten. Dabei hatte sich doch die seit 2015 bestehende Mindestlohnkommission darauf geeinigt, den Mindestlohn ab dem 01.01.2024 auf 12,41 € und ab dem 01.01.2025 auf 12,82 € steigen zu lassen. Nun sind die großen Diskussionen über die richtige Höhe des Mindestlohns besonders im linken Parteienspektrum wieder aufgebrochen.

Doch zuallererst einmal die „Geschichte des Mindestlohns“. 2015 hat die damalige Große Koalition beschlossen, den Löhnen in Deutschland eine Untergrenze zu setzen. So sollte es gelingen, den Niedriglohnsektor in Deutschland aufzubrechen und Menschen ohne Tarifbindung eine bessere Bezahlung zu ermöglichen. Diese Untergrenze sollte jedoch nicht durch die Politik, sondern durch ein unabhängiges Gremium, bestehend aus Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sowie der Wissenschaft, festgelegt werden. Dabei sind die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite mit gleich vielen Personen in der sogenannten „Mindestlohnkommission“ vertreten. Im Jahr seiner Einführung betrug der Mindestlohn 8,50 € brutto pro Stunde. Seitdem ist er sukzessive, also schrittweise, angestiegen. Die Mindestlohnkommission diskutiert anhand der Tarifentwicklung im Land die angemessene Höhe des Mindestlohns. Danach schlägt sie der Bundesregierung einen Wert vor, den diese dann per Verordnung als neuen Mindestlohn gesetzlich festsetzt.

Im Jahr 2022 gab es hierbei jedoch eine Ausnahme. Die SPD hatte während des Bundestagswahlkampfes 2021 einen Mindestlohn von 12,00 € gefordert. Dieses Wahlkampfversprechen setzten sie mit der Ampel-Koalition um und erhöhten den Mindestlohn von damals 10,45 € auf jetzige 12,00 €. So entwickelte sich der Mindestlohn zu einem Spielball, der im Wahlkampf vor allem zwischen den linken Parteien hin und her gespielt wird. Das geht aus meiner Sicht überhaupt nicht. Das Grundgesetz gesteht den Gewerkschaften in § 9 Absatz 3 zu, Tarifverträge ohne staatlichen Einfluss in Höhe und Form abschließen zu können. Dies wird als „Tarifautonomie“ bezeichnet und soll dafür sorgen, dass die Bezahlung der Beschäftigten auch von den Akteuren dieser Branchen bestimmt wird und sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberseite eine gleichgewichtete Stimme bei dieser Entscheidung besitzen.

Nun eröffnete die SPD wieder einmal den Streit um die wirklich richtige Höhe des Mindestlohns angesichts einer starken Inflation und eines immer geringer werdenden Reallohns. Aber auch die herben Niederlagen bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen werden ihren Teil zu diesen Forderungen beigetragen haben. Laut einigen Mitgliedern des Landesvorstands der SPD in Mecklenburg-Vorpommern möchte der Landesverband einen Antrag auf dem im Dezember stattfindenden SPD-Bundesparteitag einbringen, welcher die Anhebung des Mindestlohns auf 15,00 € vorsieht. Doch, Moment einmal? Diese Aussage ist nach dem stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Christian Pegel und dem Generalsekretär der SPD Julian Barlen völlig falsch. Solch eine Einigung über einen etwaigen Antrag hätte es nicht gegeben. Was sagt dann die Landeschefin der SPD, Frau Schwesig? Gar nichts. Sie war bei der Landesvorstandssitzung nämlich gar nicht dabei und scheint auch selbst, ihre Meinung überhaupt nicht preisgeben zu wollen. Vielleicht würde dann ja noch jemand in der Öffentlichkeit mitbekommen, dass sie doch gar keinen so großen Einfluss in ihrer Landes-SPD hat, wie es fast alle in der Bevölkerung vermuten. Oder vielleicht würde dann zum Vorschein treten, dass die sonst so umsorgte Landesmutter keinen Wert auf die Unternehmen im Land legt, welche bei einer so drastischen Anhebung um 25% massive Probleme zu ihren ohnehin schon großen Herausforderungen bekommen würden.   

Die Mindestlohnerhöhung würde für die Unternehmen nämlich nicht nur die erzwungene Erhöhung einzelner Gehälter und so eines vielleicht noch tragbaren Mehrkostenaufwands bedeuten, sondern die Veränderung des gesamten Lohngefüges im Betrieb. Bei einer Erhöhung der niedrigeren Gehälter müssen auch die höheren Gehälter angepasst werden, damit der gewisse Lohnabstand bedingt durch die Länge der Zugehörigkeit zum Unternehmen oder der Produktivität eines Mitarbeiters eingehalten werden kann. Alles andere wäre auch aus Sicht langjähriger und fleißiger Arbeitnehmer eines Unternehmens ungerecht. Nun kann man sich hinstellen und sagen, dass die CDU sich jeglichen Verbesserungen der Bezahlungen der Arbeitnehmer in den Weg stellt und so unsozial handelt. Dem ist aber überhaupt nicht so, denn durch immer weitere, von oben angeordneten Gehaltserhöhungen wird eine Aufwärtsspirale in Punkten Personalkosten erzeugt, welche wiederum Unternehmen zwingen könnte, Personal abzubauen oder sogar den Betrieb ganz einzustellen. Aus diesem Grund wehrt sich die CDU gegen jegliche, politisch motivierte Mindestlohnerhöhung ohne Mitarbeit der Gewerkschaften und Unternehmen. Stellen die Unternehmen ihren Betrieb nämlich ein, sitzen die Menschen auf der Straße und haben rein gar nichts von der Mindestlohnerhöhung.

Die Pläne nach einer sofortigen Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns haben jedoch ihren Ursprung in einer Forderung der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit, kurz AfA, der SPD. Der stellvertretende Vorsitzende dieser AG ist Erik von Malottki, ein SPD-Politiker, der 2021 das Direktmandat im Wahlkreis rund um die östliche Mecklenburgische Seenplatte und Greifswald gewonnen hat. Er ist der Rädelsführer einer solchen Erhöhung, vor allem in der Landes-SPD.

Wenn es nach dem Antrag der AfA ginge, würde auch die Mindestlohnkommission umgestaltet werden. Zwar will man die Zusammensetzung des Gremiums nicht ändern, dafür jedoch die Entscheidungsprozesse. So soll es dem Plan zufolge nicht mehr möglich sein, Entscheidungen entgegen des Willens der Gewerkschaften zu treffen. Hintergrund dafür ist, dass die Gewerkschaften eine Erhöhung um „lediglich“ 41 Cent zum 01.01.2024 abgelehnt hatten. Zum ersten Mal wurde somit eine Entscheidung nicht einstimmig getroffen. Bei diesen beiden Forderungen habe ich das Gefühl, der SPD ginge es eher darum, den Überbietungswettbewerb mit den Linken, welche zuletzt einen Mindestlohn von „nur“ 14,00 € forderten, zu gewinnen, als staatspolitische Verantwortung für die Unternehmen und deren Beschäftigte zu übernehmen. Auch Sarah Wagenknecht mitsamt ihrem neuen Verein plädiert für einen deutlich höheren Mindestlohn und beweist, dass sie und ihre gesamte Mannschaft nichts anderes als Populismus im Sinn haben.

Die Parteivorsitzende der Grünen Ricarda Lang bezeichnete die Erhöhung des Mindestlohns als „Schlag ins Gesicht“ für die Arbeitnehmer. Sie möchte viel lieber, dass der Mindestlohn sich gemäß EU-Mindestlohnrichtlinie bestimmt. Diese sieht vor, dass der Mindestlohn bei 60% des hiesigen Medianlohns liegt, was in Deutschland also eine gesetzliche Lohnuntergrenze laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund von 14,12 € bedeuten würde. Ich finde es schon bezeichnend und beschämend zugleich, dass eine Frau, welche kaum praktische Erfahrung in der Berufswelt gesammelt, dafür aber 14 Semester, also sieben Jahre, lang Jura studiert hat, solche Forderungen aufstellt. Es wird Zeit, dass die Grünen sich mit der Realität beschäftigen und sich nicht nur mit Tagträumereien auseinandersetzen. Dann wird es vielleicht auch mal wieder etwas mit Wahlerfolgen, die sich in der letzten Zeit ja ziemlich rar gemacht haben.

Aus meiner Sicht hat die Bevölkerung unseres Landes auf jeden Fall ein Recht auf fair und gut bezahlte Arbeitsplätze. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen muss der Staat für seine Bürger da sein. Allerdings dürfen wir den Blick für die Unternehmen im Land nie verlieren. Sie erwirtschaften schließlich unseren Wohlstand. Und Löhne bedeuten nicht nur Einkommen für viele Menschen, sondern auch Kosten für die Unternehmen. Steigen also nun die Löhne außerhalb der normalen Grenzen, wird die Wirtschaft darunter leiden und das in Zeiten der hohen Inflation und eines stagnierenden, wenn nicht sogar rezessiven, Wirtschaftswachstums. Gerade kleine und mittelständische Betriebe haben heute schon Probleme, ihre Angestellte nach Mindestlohn zu bezahlen. Und wäre das nicht schon genug, kommen die Sozialdemokraten und werben für ihr neues Tariftreuegesetz, welches es kleinen und mittelständischen Unternehmen fast schon unmöglich machen wird, gut dotierte und lukrative Angebote der öffentlichen Hand zu bekommen. Außerdem wird in dem Entwurf dieses Gesetzes bereits ein Mindestlohn von 13,50 € festgesetzt, obwohl die Mindestlohnkommission noch gar keinen Vorschlag in dieser Höhe unterbreitet hat. All das bedeutet eine politisch gewollte Unterwanderung sozialpolitischer Tarifstrukturen und weitere massive Belastungen für die Unternehmen im Land.

Die Unternehmen im Land haben also momentan mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als die Höhe des Mindestlohns. Dies meint auch der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmen M-V. Konkret nennt er als Probleme die ausufernde Bürokratie, den unüberschaubaren Fachkräftemangel und den mangelnden Kaufwillen in der Bevölkerung. Auch die Präsidenten der IHK zu Rostock und zu Schwerin sprechen sich gegen eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15,00 € aus. Die Gründe sind hinlänglich beschrieben worden. Die Landwirtschaftsbranche würde schwerwiegende Folgen von einem solchen sozialpolitischen Schritt tragen, wie der Vorsitzende des Land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes M-V zu bedenken gibt. Hierüber sollte sich die Landesregierung besonders Gedanken machen, denn schließlich ist die Landwirtschaft einer der größten Beschäftigungszweige in unserem Bundesland. Ein groß angelegtes Sterben solcher Betriebe hätte dramatische Folgen für Mecklenburg-Vorpommern.

Die Landes- und Bundesregierung sollte ihren wirtschaftsfeindlichen Populismus beenden! Die entstehenden Kosten für die Unternehmen würden ganz sicher an die Verbraucher weitergegeben werden, was wiederum eine erneute Anheizung der Inflation zur Folge hätte. Außerdem verweise ich gerne noch einmal auf die im Grundgesetz festgehaltene Tarifautonomie der Gewerkschaften hin. Der Staat, welcher sich zur sozialen Marktwirtschaft verpflichtet, hat in Fragen der Tarifentwicklung nicht das Heft des Handelns in der Hand, sondern die Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Alles andere würde Züge einer Planwirtschaft annehmen und wohin solche Entwicklungen führen, weiß jeder in unserem Land nur zu gut.

Wir müssen alles daransetzen, die Unternehmen in unserem Land zu halten. Durch eine höhere Steuerbelastung der Unternehmen, welche im Zuge weiterer Reformen wie dem Grunderbe von 60.000 € für jeden 18-Jährigen entstehen würden, und solchen ideologisch geprägten Sozialideen machen wir es unseren Unternehmen nicht gerade einfach, in Deutschland oder Mecklenburg-Vorpommern zu bleiben. Wenn Sie, werte Regierende in Berlin und Schwerin, jedoch den Ausverkauf der deutschen Wirtschaft mit Folgen der Massenarbeitslosigkeit und des Einbruchs der Steuereinnahmen erreichen wollen, kann ich Ihnen nur gratulieren. Jeder Tag Ihrer Regierungszeit ist ein Tag näher an der Deindustrialisierung einer einst großen Wirtschaftsnation. Wir als CDU werden dies niemals zulassen! Da können Sie sich sicher sein!

Ihr Wolfgang Waldmüller