Hintergründe, Gedanken, Positionen: „Zwischen Unentschlossenheit und Umsetzungswillen – Die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels zur Migration“

Am 06. November 2023 trafen sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Hauptthema war dabei vor allem die Migrationspolitik. Doch trotz einiger sinnvoller Lösungsansätze ist auf diesem Bund-Länder-Gipfel wenig herausgekommen, was effektiv die Problematik rund um den Zuzug und die Integration geflüchteter Menschen beheben könnte.

Bevor ich aber zu den Beschlüssen komme, möchte ich eine Skizze der aktuellen Situation zeichnen. Bis Anfang November sind rund 234.000 Asylanträge gestellt worden. Zu dieser Zahl der gestellten Asylanträge kommen weit über eine Million ukrainische Flüchtlinge hinzu, die seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs nach Deutschland geflohen sind und keinen Asylantrag stellen brauchen. Im Vergleich der Zahlen ist die sogenannte Flüchtlingskrise von 2015/2016 nur noch eine „kleine Krise“. Die Kommunen im Land klagen über zu wenig Unterstützung von Landes- oder Bundeseite. Die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Frau Schwesig zeigt mit dem Finger lieber nur nach Berlin, anstatt endlich eigene Kompetenzen zu nutzen und wirksame Entscheidungen zum Wohle der Kommunen und der Bevölkerung zu treffen.

Vor kurzem äußerte sich der Landrat von Nordwestmecklenburg Tino Schomann zu Problemen beim Umgang mit dem Zuzug von Flüchtlingen. Es fehle an lokalen Unterbringungsmöglichkeiten, es fehlen Wohnungen auch mittlerweile für Einheimische, es fehlen Kitaplätze und die Schulen sind hoffnungslos überfüllt und können ihrem Bildungsauftrag auch durch fehlende Lehrer gar nicht mehr nachkommen. Dazu kommt, dass die Kreisverwaltungen maßlos überlastet sind. Ein Bild, welches vermutlich in allen Kreisen und Kommunen des Landes so nachgezeichnet werden könnte. Außerdem kritisiert er, dass der Bund ständig neue Aufgaben auf die Länder abschiebe, dabei diese dann aber finanziell alleine lässt. Bedeutet also im konkreten Fall: Wenn der Bund, die Länder mit Aufgaben vertraut, muss er auch dafür sorgen, dass diese Aufgaben ordnungsgemäß ausgeführt werden können, beispielsweise durch Finanzhilfen. Im Falle einer Kommune wäre es dann das Land, welches für die Finanzhilfen aufkommen müsste. Hier muss der Bund unbedingt seine Hausaufgaben machen, denn unsere Länder und vor allem die Kommunen leiden massiv und ganz besonders finanziell unter den jetzigen Belastungen. Die öffentlichen Haushalte sind schon nicht üppig gefüllt und werden durch Kostenübernahmen, für die sie eigentlich nicht herhalten müssen, noch weiter strapaziert.

Vor dem Hintergrund dieser Zustände in Deutschland kamen am genannten Montag die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer sowie Teile der Bundesregierung zu einem Bund-Länder-Gipfel zusammen. Die Beratungen dauerten bis in den frühen Dienstagmorgen. Auf finanzieller Ebene wurde entschieden, dass der Bund den Ländern 7500 € pro Flüchtling pro Jahr zahlen wird. Dies sind zwar 3000 € weniger, als von den Ländern gefordert, es markiert aber den ersten Schritt weg von der pauschalisierten Berechnungsmethode und ist nun realitätsnäher gestaltet. Wichtig ist dabei noch zu erwähnen, dass dieses Geld nur für Menschen gezahlt wird, die zum ersten Mal einen Asylantrag stellen. Der Familiennachzug bleibt weiterhin beschränkt und zwar so, wie die Große Koalition unter Führung der Union dies 2015 beschlossen hat.

Die Runde hat sich außerdem dazu durchgerungen, Geldleistungen für Asylbewerber zu kürzen und eine Bezahlkarte einzuführen, sodass Bargeldauszahlungen minimiert werden können. Dies war ein Punkt, welchen wir als CDU bereits lange gefordert hatten. Umso besser ist es nun, dass man endlich diesen Punkt umsetzen will. Dadurch werden Asylbewerber auch keinen Anspruch mehr aufs Bürgergeld haben, welches bisher über 550.000 beziehen. Über diesen Umstand hatte ich mich bereits ausführlich in einem vergangenen Beitrag geäußert. Asylbewerber sollen zukünftig auf 36 Monate beschränkt nur noch geringere Bezüge erhalten, wofür die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes notwendig ist. Bei der Umsetzung dieser Pläne muss der Bund nun sein Wort halten und mit dem viel beschworenen „Deutschland-Tempo“ arbeiten. Nur durch eine schnelle Realisierung der Entscheidungen vergangener Woche können Probleme ernsthaft angegangen und beseitigt werden.

Bei all diesen Punkten gibt es einen zentralen Aspekt, der in Deutschland selbst geregelt werden kann, nämlich wie die konsequente Abschiebung von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive umgesetzt wird.

Thomas Mayer, Direktor des Fossbach von Storch Research Institute hat dies analysiert und mit Studien belegt. Deutschland wirke im Vergleich zu anderen EU-Staaten wie ein Magnet. Nach Deutschland kommen doppelt so viele Flüchtlinge, wie nach Frankreich und viermal so viele, wie nach Italien eingewandert sind. Das hängt im Wesentlichen mit der Höhe der gewährten Leistungen zusammen, die in Deutschland am höchsten sind. In Dänemark wird zum Beispiel nur etwa die Hälfte der Leistungen gezahlt zuzüglich der Unterbringung im Flüchtlingsheim. In Deutschland werden die Leistungen, selbst wenn der Asylantrag abgelehnt ist und Ausreiseplicht besteht oder der Flüchtling geduldet ist, weiter erbracht. In Dänemark gibt es nach Ablehnung des Antrags keine Geldleistungen mehr, lediglich drei Mahlzeiten am Tag im Asylbewerberheim werden zur Verfügung gestellt. Das schreckt natürlich ab und die Zahlen sprechen für sich. Die Zahl der Zuwanderungen in Dänemark lag in der Zeit von 2008 bis 2021 96,5 % unter derjenigen Deutschlands im gleichen Zeitraum.

Es gibt nun oftmals die Auffassung, man müsse die Leistungen auf dem jetzigen Niveau belassen, dafür aber die Fluchtursachen bekämpfen. Hier kommen Studien zu dem Schluss, dass es sehr wohl Push Faktoren, also Anstöße zur Emigration gibt, als auch sogenannte Pull Faktoren, Anziehungskräfte für Immigration. Die dort aufgestellten Ergebnisse stellen fest, dass das alles überragende Motiv zur Emigration, also der Auswanderung, der Wunsch nach Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse, aber auch der im Heimatland gebliebenen Angehörigen, ist. Das untermauert die nachstehende Zahl der Weltbank. Von 2010 bis 2022 wurden rund 221 Milliarden US-Dollar von den Zuwanderern zurück in ihre Herkunftsländer überwiesen. Welche Herkunftsländer haben denn da überhaupt noch Interesse, ihre Emigranten an der Ausreise zu hindern, geschweige denn abgelehnte Asylbewerber wieder aufzunehmen? Die Rücknahmeabkommen sind aber die entscheidenden Weichenstellungen bei der Rückführung von Flüchtlingen, deren Asylantrag abgelehnt wurde.

Daher ist nun dringendes und konsequentes Handeln gefragt. Die Bevölkerung ist sichtlich ernüchtert und teils erbost über den Umgang mit dieser Krise. Im letzten ZDF-Politbarometer waren 63 % der Befragten der Meinung, Deutschland würde den Zustrom so vieler Geflüchteter nicht verkraften. Dieses Ergebnis ist ein Schlag ins Gesicht der Regierung. Vor allem ist diese Grundeinstellung aber dramatisch für die Bewältigung der Migrationskrise. Es braucht die gesamte Bevölkerung dafür. Alle müssen ihren Beitrag dazu leisten, dass unser Land gut durch diese schweren Zeiten gelangt. Auch wenn das inzwischen berühmt gewordene „Wir schaffen das!“ der Altbundeskanzlerin Angela Merkel in der damaligen Situation vielleicht zu optimistisch war, hat es doch eines bewirkt: Dem Bürger wurde das Gefühl vermittelt, der Staat wisse um seine Pflichten und werde diese auch erfüllen. Solch ein Zeichen wäre auch in der jetzigen Situation sehr wünschenswert.

Ich möchte hier noch einmal bekräftigen, dass die Union keineswegs eine Fundamentalopposition in dieser Frage darstellt, sondern bereit ist, eine staatstragende Rolle einzunehmen. Das Recht auf berechtigtes Asyl stellt niemand in Frage und ist im grundgesetzlich verankert. Es gab mehrfach die Gesprächsangebote, vor kurzem erst wieder durch einen Brief unseres Partei- und Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz an den Bundeskanzler, in welchem er diese Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln betont und den Bundeskanzler an seinen vorgeschlagenen „Deutschland-Pakt“ erinnert. Leider ist von diesem nur wenig zu spüren. Außer einem Krisengespräch vor einigen Wochen lässt sich kaum etwas Zählbares für den beschworenen Pakt finden. Bereits im September hat unser Generalsekretär Carsten Linnemann vorgeschlagen, einen Asylkompromiss wie 1993 zu gestalten, bei dem die Union auf die Opposition zugegangen ist und durch den dann dringende Fragen zur Begrenzung der Zuwanderung geklärt werden konnten. Im gleichen Monat wurde dann ein Unionsantrag im Bundestag zur Bewältigung der Migrationskrise durch die Ampel-Regierung abgelehnt. Staatstragende Politik sieht ganz anders aus, werte Mitglieder der Ampel-Fraktionen!

Dabei sind vermutlich mal nicht die Grünen der Quertreiber. Deren Vizekanzler Robert Habeck gestand erst kürzlich ein, dass in solchen Situationen auch „moralisch schwierige Entscheidungen“ zu treffen sind. Die Grünen wären also dazu bereit. Vielmehr bremst die SPD und scheut sich davor, auf die politischen Gegner zuzugehen und mit ihnen gemeinsam Lösungen für die drängendsten Probleme im Land zu finden. Es wird nur davon geredet, dass alle demokratischen Parteien an der Lösung dieser Problematik zusammenarbeiten müssen, doch wenn man ihnen die Hand reicht, schlagen sie diese wieder aus. Die Phrasen sind mehr Schein als Sein. Die Sozialdemokraten sollten ihren Blick mal Richtung Norden schweifen lassen und schauen, wie ihre dänischen Genossen mit der Krise umgehen. Dort wurde der Zustrom von Flüchtlingen eingedämmt und Leistungen an Asylbewerber gekürzt. So konnte nicht nur die Flüchtlingsproblematik entspannt, sondern auch der Anstieg rechtsnationaler Kräfte verhindert werden. Die dortigen Parteien des rechten Spektrums sind von rund 20 % auf drei Prozent gefallen. Ein deutliches Signal.

Ich fordere daher alle Regierenden in unserem Land auf, ideologische Grenzen zu überschreiten und effektive Lösungen für die Problematik rund um die Migration zu suchen. Dabei müssen wirklich alle ins Boot geholt werden. Quertreiber sind in dieser brenzligen Situation nicht förderlich. Es geht um den Zustand unseres Landes und vor allem unsere Demokratie. Menschen, die das Vertrauen in den Staat verlieren, wenden sich von Frieden und Freiheit ab und trachten nach einer starken Hand. Das dürfen wir nicht zulassen. Für die Union steht klar: Wir sind bereit, Verantwortung für unser Land zu übernehmen!

Ihr Wolfgang Waldmüller

Foto: CDU / Fabian Blome